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Die Messe der Zukunft – vor Ort, digital oder hybrid?

Die Messe der Zukunft ist auch gleichzeitig die Frage nach der Zukunft der Messen insgesamt. Denn das Jahr 2020 hat uns gezeigt, dass Krisen einen enormen Einfluss haben auf sowohl die wirtschaftlichen als auch die kulturellen Rahmenbedingungen unserer Gesellschaft. Massive Veränderungen stehen ins Haus und wer als Unternehmen damit nicht schritthält, bemerkt in 2021 unter Umständen Einbüßen oder gar das baldige Aus.

Dabei spielt der Messe-Bereich eine sehr gewichtige Rolle und diese wollen wir uns zunächst genauer anschauen:

Sinn und Zweck von Messen und Messeauftritten

Eine Messe bietet den meisten Branchen eine Vielzahl an Möglichkeiten: Anbieter mit Kunden in Kontakt zu bringen, Innovationen voranzutreiben und in der breiten Öffentlichkeit für sich zu werben.

Viele Branchen haben daher in 2020 begonnen, Veranstaltungen digital oder hybrid (d.h. eine Kombination von digitalen Anteilen und einer eher minimalistischen Vor-Ort-Veranstaltung) abzuhalten in der Hoffnung, davon in ähnlichem Umfang wie bei einer analogen Vor-Ort-Messe zu profitieren. Und auch wenn die Digitalisierung in Deutschland in den letzten Jahren immer schneller Fuß fasst: Die neuen Formate zeigen die typischen Probleme der ersten Gehversuche.

In diesem Zusammenhang kann die Auseinandersetzung mit der Szenarioanalyse Messen 2020 (Quelle 1: Messewirtschaft 2020 - Zukunftsszenarien) aus dem Jahre 2006 aufschlussreiche Indikatoren geben. Denn auch wenn mittlerweile fast 15 Jahre vergangen sind, lassen sich trotzdem zeitlose Faktoren erkennen, die unabhängig von Krisen sind und in Zeiten der Digitalisierung sogar noch an Bedeutung gewinnen könnten

Szenarioanalyse Messen 2020

Die Grundidee dieser Szenarioanalyse war es, mithilfe von Interviews und Workshops mit Experten aus unterschiedlichen Branchen, Disziplinen und Ländern eine große Anzahl an Einflussfaktoren für die zukünftige Entwicklung vom Instrument "Messe" zu evaluieren. Zudem wurde viel Wert gelegt auf die Kalkulation der Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Faktoren (Quelle 1: S. 16).

Im Folgenden betrachten wir sowohl Einflussfaktoren, die sowohl eine besonders vorteilhafte Entwicklung als auch eine sehr kritische Entwicklung prognostizierten:

Vorteilhafte Entwicklungsfaktoren:

Der mit wichtigste Einflussfaktor für eine gelingende Messe zieht sich durch alle betrachteten Bereiche — sowohl was die sozioökonomischen, die Ausstellerbezogenen als auch die Besucherbezogenen Faktoren betrifft:

Der steigende Wunsch nach der persönlichen Kommunikation! (Face-to-Face)

Wir Menschen kaufen keine Produkte, wir kaufen auch nicht von Unternehmen — wir kaufen von Menschen. Ein Fakt, der in der Vertriebsbranche wohlbekannt ist und dennoch manchmal untergeht.

Sieht man sich die Messeveranstalterbezogenen Faktoren an, gibt es einige interessante Prognosen:

Spezialmessen gewinnen an Bedeutung, Messen werden zu einem Komplettservice-Angebot und die Effizienzkontrolle wird besonders wichtig.

Auf Seiten der Aussteller gibt es auch den Wunsch nach Spezialmessen, auf denen man sich mit anderen zusammentun kann und der Fokus auf emotionales Marketing nimmt zu.

Besucherfaktoren konzentrieren sich vor allem auf das Erlebnisgefühl: Den Besucher mehr an die Hand nehmen und damit die Messe zu einem effizienteren und gewinnbringenderen Event gestalten.

Kritische Entwicklungsfaktoren:

Bereits damals haben sich zwei Trends abgezeichnet, die heute weiterhin sichtbar sind:

Messe-Besucher haben zunehmende Zeitengpässe und diese erschweren einen Messebesuch, der sich über eine längere Dauer erstreckt.

Die sinkende Zahl von Hausmessen im Vergleich zu Aussteller-Kooperationen.

(vgl. Quelle 1: S. 39 – 45)

Übertragung auf heute:

In Zeiten von Lockdown, steigendem Online-Handel und der Einzelhandelskrise, scheint die Digitalisierung eine fast zwingende Konsequenz und zudem eine unglaubliche Chance zu sein. Doch wie sieht es im Bereich der Messen aus?

Der Wunsch nach persönlicher Kommunikation hat sich eher noch verstärkt im Vergleich zu damals. Wenn Menschen auch privat viel vor dem PC verbringen müssen, um sich digital treffen zu können, dann kann ein digitales Messe-Event schnell als zusätzliche mediale Überforderung empfunden werden und fördert dadurch eher den Gedanken, genug vom Bildschirm zu haben.

Daher ist die große wichtige Frage gar nicht, ob Messen in 2021 rein digital oder hybrid abgehalten werden sollten.

Vielmehr geht es darum – und sieht man an der Szenario-Analyse von 2006 – Messen so zu gestalten, dass sie den Fokus auf die vorteilhaften Entwicklungsfaktoren legen und dabei die kritischen Faktoren mitberücksichtigen. Konkret ergeben sich darauffolgende Fragen:

Wie können Messen ab 2021 Strukturen etablieren, die

- die Messe zu einem Unterhaltungs- und Erlebnisevent für alle Beteiligten werden lassen?
- die persönliche Kommunikation zwischen den Veranstaltern, den Ausstellern und den Besuchern sicherstellen und fördern?
- die Besucher auf emotionaler Ebene erreichen?

Unterhaltungs- und Erlebnisevent:

Jochen Köckler, Chef der Deutschen Messe AG, sprach 2020 im Interview mit dem Handelsblatt über die Erfahrungen der "Digital Days", die ein Ersatz gewesen sind für die Hannover-Messe, die vor allem von großen Maschinen vor Ort lebt:

"Das Haptische fällt weg. Interessant war: Statt für tolle Videos haben die Aussteller das digitale Format eher zum Erklären ihrer Innovationen genutzt. Deshalb war die Chat-Funktion unserer "Digital Days" so wichtig." (Quelle 2)

Stellen Sie sich die Situation vor: Sie nehmen nächste Woche an einer (teilweise) digitalen Messe von zu Hause aus teil. Es gibt ein stundenlanges Programm, Sie werden mit Inhalten und Informationen überflutet und am Ende des Tages fühlt es sich für Sie mehr wie ein Info-Abend im Fernsehen an. Was fehlt, ist das Gefühl, ein realer Bestandteil dieser Veranstaltung zu sein.

Wie kann eine Veranstaltung dann zu einer wirkliche Live-Veranstaltung für die Besucher zu Hause werden?

- Überlegen Sie sich, wie Sie einen digitalen, zentralen Ort einrichten können, an dem Ihre Besucher verweilen können, wenn Sie gerade nicht an einer Veranstaltung, einem Webinar, einem Vortrag oder anderem aktiv teilnehmen
Starten Sie die Veranstaltung mit einer gemeinsamen Session, die den Grundstein für die gesamte Messe legt und schließen Sie die Messe mit einem besonderen Highlight ab
Planen Sie Alternativen ein zu Formaten, die digital nicht umsetzbar sind (statt Haptik z.B. Interaktion oder 3D-Räume zum Betrachten)
Bieten Sie auch optionale Angebote für mögliche Pausen an, denn wenn sich z.B. die Besucher für eine oder zwei Stunden zurückziehen, geht schnell der Vibe der Messe wieder verloren

Die persönliche Kommunikation zwischen allen Teilnehmern

Dies stellt für viele zunächst eine große technische Herausforderung dar, denn was auf einer Messe vor Ort von den Teilnehmern selbst in die Hand genommen wird, geht auf digitalem Weg nicht einfach so.

- Richten Sie Chat-Funktionen ein, die von allen digitalen Orten aus nutzbar sind, sodass möglichst immer eine Kommunikation zu anderen Menschen möglich ist (Veranstalter - Aussteller - Besucher)
- Bieten Sie einen digitalen Ort an, an denen Teilnehmer ohne konkretes Ziel zusammentreffen können (die Kaffee-Pause zwischendurch)
- Ermutigen Sie alle Teilnehmenden, in die digitale Kommunikation zu gehen. Auch wenn wir im 21. Jahrhundert leben: Viele Menschen tun sich noch schwer mit den Neuen Medien und sind eher zurückhaltend.

Die Besucher auf emotionaler Ebene erreichen

Menschliche Emotionen können auf sehr unterschiedliche Weise angesprochen werden. Ein Aspekt, der sich jedoch durchgehend zeigt ist: Je mehr Sinne und Ebenen gleichzeitig angesprochen werden, desto besser können wir Menschen erreichen.

Während auf einer analogen Messe der Veranstaltungsort, die anwesenden Menschen, die vielen kleinen Erlebnisse rund um die Hauptveranstaltungen die Besucher bereits emotional "einstimmen", kann dieser Aspekt einer digitalen Messe schnell fehlen.

Damit wird auch schnell klar: Um die Besucher emotional zu erreichen, braucht es ein Messe-Gefühl bei jedem Einzelnen.

Wenn dieses vorhanden ist, dann geht es im zweiten Schritt darum, digitale Tools zu nutzen, um die Bedürfnisse der Besucher besser in den Blick zu bekommen. Da die Anzahl an digitalen Besuchern prinzipiell nicht begrenzt ist, verliert man irgendwann aus den Augen, was sich die Teilnehmer wünschen und was brauchen.

Eine Möglichkeit bietet hier eine Customer Journey, die – im Gegensatz zum Marketing Funnel – aus der Kunden- bzw. Besuchersicht heraus operiert. (Quelle 3)

Ralf T. Kreuzer spricht in diesem Zusammenhang von der Entwicklung weg „von der One-to-Mass-Kommunikation [hin] zur One-to-Many- oder sogar zur One-to-One-Betreuung.“ (Quelle 1: S. 91) Je individueller die Angebote auf die Besucher abgestimmt sind, desto höher ist die Trefferquote. Auch die Zeit nach der Messe wird eine höhere Bedeutung bekommen: Wenn Sie digitale Tools zur Besucher-Erfassung verwenden, können Sie diese auch für die Nachbetreuung und die langfristige Bindung an Ihre Messe-Formate nutzen.

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Hybrid oder doch rein digital?

Hybride Veranstaltungen bedeuteten im Vergleich zu rein digitalen Veranstaltungen einen erhöhten Aufwand, da Sie sowohl Ihr digitales Publikum als auch die Menschen vor Ort ansprechen wollen. Zudem wurde in diesem Beitrag deutlich:

Die Live-Vor-Ort-Veranstaltung einfach ins Netz zu streamen und zu hoffen, dass Sie damit Ihr digitales Publikum erreichen und zufrieden stellen können, ist nicht praktikabel. Im Endeffekt sind hybride Formate wie eine Veranstaltung, die Sie zweimal und auf unterschiedliche Art organisieren und zeitgleich abhalten. Gleichzeitig kann der Vor-Ort-Aspekt ungemein zum besonderen Erlebnisgefühl der Besucher beitragen. Daher sollten Sie die Vor- und Nachteile immer wieder abwägen.

Abschließende Worte

Denken Sie immer daran: "Keep it simple."

Auch wenn es viele aufwendige und komplexe technische Lösungen gibt, sollten Sie sich immer fragen, ob der Aufwand wirklich nötig ist oder es sich auch auf einfacherem Wege erreichen lässt. Technische Lösungen bringen vor allem eins: Komplikationen. Je mehr verschiedene Systeme Sie kombinieren, desto störanfälliger kann Ihre Veranstaltung werden.

Nach all den Informationen, Vorschlägen und Impulsen beachten Sie bitte das Allerwichtigste:

Jedes Werkzeug, ob digital oder analog, hat nur dann einen sinnvollen Nutzen für eine Messe, wenn es dazu beiträgt, die Wünsche und Bedürfnisse der Beteiligten anzusprechen.

In diesem Sinne: Auf ein gelingendes Messejahr 2021!
 

Ihr Andreas

 


Quellen:

1: https://www.auma.de/de/medien_/publikationen_/Documents/messewirtschaft-2020.-zukunftsszenarien/auma-edition-26.pdf

2: https://www.handelsblatt.com/unternehmen/dienstleister/jochen-koeckler-im-interview-chef-der-deutschen-messe-ag-die-messe-der-zukunft-ist-hybrid/26010902.html?ticket=ST-2516872-zWwdzuG70Pm1eotbym3v-ap2

3: https://b2bmarketing.works/blog/allgemein/b2b-customer-journey/#Ein_Beispiel_fuer_die_B2B_Customer_Journey

Bild: https://www.shutterstock.com/de/image-photo/video-production-covering-event-on-stage-698237017


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Über den Author
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Andreas
Hallo meine Lieben! Ich bin Andreas und seit 2020 als Reporter für Saleslife unterwegs. Als selbstständiger Coach, Trainer für Gewaltfreie Kommunikation, YouTuber und ausgebildeter Gymnasiallehrer suche ich immer wieder neue Herausforderungen. Abseits von bekannten Wegen probiere ich ungewöhnliche Ideen aus und nutze meine Kombination von Empathie, Intiution und logischem Denken, um einen ...
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